Das Gewicht der Dinge
Marianne klagt. Das ganze Haus ist voll. Sie hat nicht mehr die Kraft, dagegen anzugehen. Kaum räumt sie eine Ecke frei, da kommt schon wieder etwas nach. Das bedrückt sie. Sie fühlt sich belastet. Es sei wie ein Gefühl von Verstopfung. Sie weiß nicht wohin mit dem Schrott. Das habe doch alles gar keinen Wert mehr außer einem persönlichem. Und den habe es für sie auch nicht mehr. Für ihren Mann schon. Der sei ein Sammler. Sie selbst erinnert sich nur an die Anstrengung, mit der sie jahrzehntelang Geld verdient haben, um all diese Dinge zu kaufen, die sie nun nicht mehr brauchen. Diesen wunderbaren Mercedes SL zum Beispiel. Nun gut, da waren die Reisen nach Sizilien, in den Orient. Das war schon was. Aber jetzt ist es zehn Jahre her, dass sie den Oldtimer abgemeldet haben. Zehn Jahre, dass er vor sich hin gammelt, neben den aktiven Fahrzeugen, dem großen Wagen ihres Mannes, ihrem kleinen, und dem des Sohnes. Sie blockieren die halbe Straße. Man könnte den Mercedes wahrscheinlich immer noch verkaufen, aber ihrem Mann würde das Herz brechen.
Hat sie ihn gefragt?

Das muss sie nicht, das weiß sie auch so. Heute hat sie schon wieder neue Flecken auf den Chromstangen gesehen, und die alten Lederpolster ziehen Schimmel an, wenn sie nichts dagegen tut. Sie will aber nichts dagegen tun!!! Ihren ganzen Unmut legt sie in diese Verweigerung und erschrickt gleichzeitig über sich. Kleinlaut fügt sie hinzu: "Ich möchte das Auto einfach weg haben, diesen ganzen Ballast." Dabei geht ihr Blick in die Bäume, als wohne dort eine gute Fee, die alle Probleme für sie löst.

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